Besonders in der Qualifizierungsphase haben viele Nachwuchswissenschaftler:innen mit Selbstzweifeln und Unsicherheiten zu kämpfen.
In der Reihe „Mut zum Ich: Wissenschaft zwischen Selbstvertrauen, Zweifel und Persönlichkeit” haben wir uns mit verschiedenen Herausforderungen auf dem Weg zur Promotion auseinandergesetzt. Sei gespannt auf die kommenden Beiträge!
»Niemand ist mit Mut beseelt«
Von René Pikarski
1 | Meine Held:innen und ihr scheinbar unvernünftiges Selbstvertrauen
Es ist zugleich Fluch und Segen. Immer, wenn mein Selbstvertrauen in eine Krise gerät, vergleiche ich mich mit Personen, die großes Selbstvertrauen zeigen. Immer, wenn ich beim Schreiben meiner Dissertation unsicher werde, ob das, was ich weiß und tun kann, auch ausreichen wird, reichern sich meine eigentlich der Zukunft geltenden Sorgen nicht nur mit Erinnerungen vergangener Fehler an. Zu ihnen gesellen sich auch Vorstellungen von allerhand Held:innen, bei denen Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein geradezu verschmelzen. Immer, wenn mein Mund trockener, der Herzschlag schneller und mein Magen flauer wird, verbündet sich der Kritiker-in-mir, der Einzige, der in dieser Krise unbeirrt mit lautem Selbstvertrauen strotzen kann, mit diesen Held:innen. Gemeine Verräter, liebevolle Dämonen, ich kann ihnen nicht lange böse sein. Sie wollen mir in ihrer unheimlichen Allianz den Ausweg deuten, mir zeigen, dass auch in einer Krise das Selbstvertrauen nicht ganz verschwunden ist. Sie erinnern mich daran, dass ich gerade in solchen Augenblicken damit beginnen kann, mein Selbstvertrauen immer wieder neu zu schöpfen. Plötzlich erscheint es mir nicht mehr als Etwas, das den Glücklichen und Außergewöhnlichen zukommt, sondern als Werden einer lebendigen, veränderbaren und gestaltbaren Beziehung zu mir selbst.
Ich möchte diese Erfahrung als Geschichte erzählen. Sie beginnt mit der Feststellung, dass ich gar kein Held sein möchte. Denn eine große, kühne Tat ist meine Doktorarbeit nicht. Kein Menschenschicksal steht auf dem Spiel, weder ein Werbeversprechen noch mein persönliches Seelenheil hängen von ihr ab. Zum Glück und Luxus der Philosophie: Wir machen’s nun wirklich nicht für unsterblichen Ruhm und glänzende Ehre, und schon gar nicht unendlichen Reichtums oder grenzenloser Macht wegen. Meine Arbeit wird von der Neugier am Thema getragen, vom Ziel meiner Qualifikation in die Zukunft gezogen und dabei andauernd von einer gemeinsamen Verständigung justiert, wie sie ein sinnvoller Beitrag im Diskurs sein kann. Mit Blick auf ihr Gelingen bin ich zuversichtlich, doch über die Rolle, die mein Selbstvertrauen dabei spielt, denke ich nur selten nach. Womöglich, weil das mir entgegengebrachte Vertrauen ausreicht. Oder weil es im akademischen Diskurs aus guten Gründen hinter einem messbaren, sich objektiv darstellenden Maßstab von allerhand Kriterien der Zuverlässigkeit und äußerer Gütesiegel zurücktritt. DIN-Diss ohne Heldenmut: Der Diskurs hat seine Pfade halbwegs ausgetreten, das Verfahren für die Abenteuer meiner Ideen ist gut geregelt und Zuverlässigkeit ist, wie in den meisten Professionen, viel vernünftiger als Vertrauen.
Doch vollständig absichern können all diese rationalen Maßnahmen meine Sicherheit beim Schreiben nie. Es gibt Unsicherheiten, die nur die sinnliche Evidenz meines Vertrauens händeln kann. Georg Simmel sagt, wer alles wüsste, kontrollieren und überwachen könnte, bräuchte weder sich selbst noch Anderen vertrauen. Ich aber weiß wenig, mein Vertrauen ist also die Vorschussleistung gegenüber einer ungewissen Zukunft. Selbst, wenn ich nicht blind, sondern mit guten Gründen in mein Können vertraue, gibt es einen irrationalen, unvernünftigen Überschuss: ich tue und handle wider besseren Wissens so, als ob nur eine wünschenswerte Version meiner Zukunft eintreten wird, obwohl auch ihr Gegenteil eintreten könnte. In dem ich vertraue, kann ich die doofe Möglichkeit ausblenden. Diese Sicherheit hat etwas erfrischend Unlogisches, ohne das der Mensch nicht überlebens- und handlungsfähig wäre. Wer nichts und niemandem vertrauen kann, schränkt sich und seine eigenen Handlungsmöglichkeiten sogar ein: die Unwissenheit würde uns lähmen, sagt Niklas Luhmann und macht Hoffnung: zu tief werde ich qua Lebensanspruch nie in das schiere Misstrauen fallen. Ein Indiz, dass mein Selbstvertrauen nie vollständig verschwindet, selbst wenn es hin und wieder so scheint?
Da schreibe ich manchmal den ganzen Tag an einem Abschnitt und beende Beides mit dem Bauchgefühl: Das war wohl einfach nix. Ahnungslos, ob‘s morgen besser gelingt, geht’s auf die ranzige Fernsehcouch. Mein Lieblingserbstück der Studienzeit, so fühlt es sich auch an: Ich habe erneut im ersten Semester Platz genommen. Schnell umschalten zu meinen alten Filmheld:innen. Kurz raus aus der Realität und hin zum unerlässlichen Moment ihres mir ganz nahen Zweifels gegenüber den eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten: Der Augenblick, in dem meine Hollywood-Held:innen den kurzen dramaturgischen Kunstknick ihres ansonsten strotzenden Selbstvertrauens aushalten müssen, bevor sie mit neuer Stärke, unbeirrbarer als je zuvor, ihr Werk für uns vollenden. Doch nach so einem Tag wirken sie schlecht gealtert, wie analoger Kitsch auf grobem unempfindlichen Korn, das sich nur mit großer Mühe und absolut unrealistischem Schein belichten ließ. Ist meine Vorstellung von Selbstvertrauen aus einem Material, das sich derart kritisch zur Erleuchtung verhält? Ist es aus der Zeit gefallen und zu mythisch, um als Motivator in meiner aufgeklärten und streng rationalen Umwelt überleben zu können?
Nö.
Denn meine Filmheld:innen sind ja nur zeitlose Schablonen ihres allerersten Vorbilds Odysseus. Und der konnte sein noch so mythisches, heldenhaftes Selbstvertrauen überhaupt erst hervorbringen, in dem er es in den Dienst seiner nüchternen, strategisch klug abwägenden, am Ende doch recht vernünftigen und vorausschauenden Handlungen stellt. Da in dieser Urszene des Selbstvertrauens viel Alkohol ins Spiel kommt, öffne auch ich eine Flasche Wein und rede mir ein, es ginge heute nicht um die Wahrheit am Flaschenboden. Dem großen Odysseus gleich, werde ich die Trunkenheit natürlich nur zur klugen Entfaltung meines Selbstvertrauens in der Schreibkrise nutzen.
2 | Odysseus und die strategische Entfaltung des Selbstvertrauens
Da strandet der verirrte Grieche auf einer weiteren Insel, sieht sich dem »grässlichen Scheusal« Polyphem ausgeliefert und muss dabei zusehen, wie der Riese Teile seiner Crew bestialisch verspeist. Der übermenschliche Kyklop scheint unbezwingbar. Odysseus‘ Dissertation (also die Auseinandersetzung) mit ihm wird für den vor Schreck erstarrten Helden zu einem aussichtslosen Schlachtfeld. Das kenne ich. Doch genau in dieser Situation geht sein unbegründetes und unvernünftiges Selbstvertrauen aus einer zweifachen List hervor. Die List, beim Riesen eine Dummheit zu produzieren und ausnutzen und die List, den eigenen Namen und damit alles Wissen und den Ruf abzulegen, die diesem heldenhaften Namen nach- und vorauseilen. Der Schiffbrüchige füllt den Kyklopen erst mit süßem Wein und dann mit süßen Worten ab. »Dreimal leert‘ er in Dummheit«, bevor ihn die folgenden Worte von Odysseus erreichen:
»Meinen Namen, Kyklop, den gepriesenen? Siehe, du sollst ihn
Wissen; nur reiche mir du das Geschenk auch, wie du versprachest.
Niemand ist mein Name, denn Niemand nennen mich alle,
Mutter zugleich und Vater, und andere meine Genossen.«
Darauf der beschwipste Polyphem:
»Niemand denn verzehr‘ ich zuletzt nach seinen Genossen,
Alle die andern zuvor; das soll dein gastlich Geschenk sein.«
Während ich selbst das Glas schwenke, bekomme ich Mitleid mit der Dummheit des Kyklopen. Ich möchte ihn mit Kant in Schutz nehmen, der die Dummheit nicht als Dauerzustand, sondern als auftretenden Mangel an Urteilskraft ansieht. Dass Odysseus die Dummheit des Riesen ausnutzt, die er selbst hervorbringt, heißt nur, dass er ihn kurzweilig davon abhält, ein richtiges Urteil zu fällen. Er sorgt dafür, dass man über ihn nicht urteilt; dass man ihn nicht vorschnell verurteilt, etwa zum Tode. Ohne die Suspendierung dieses Urteils kann Odysseus nicht ins selbstbewusste Handeln kommen: Weil er nicht verurteilt ist, kann er sich zutrauen, die Situation zu verändern und sich selbst aus der Krise zu bewegen. Ich versuche in meiner Schreibkrise daran zu denken, keinem vorschnellen Urteil über mein Können und die Zukunft stattzugeben und mich wie Odysseus am strategischen Wert dieser kurzweiligen »Dummheit« zu erfreuen.
Bevor sein Selbstvertrauen so richtig in Fahrt kommen kann, befreit sich Odysseus von den Vorurteilen, aber auch von Zwängen und vom Druck durch allerlei Erwartungen, die mit seinem Namen und seinem Status verbunden sind. In der ausweglosen Krise befreit er sich zum Niemand, er wird für eine kurze Dauer namenlos. Lange vor Foucaults damals noch poststrukturalistischem Wahnsinn vom »Tod des Autors«. Odysseus geht es um die souveräne Unterbrechung von unterschiedlichen Erwartungshaltungen durch die Veränderung von Ansprech- beziehungsweise Anspruchsverhältnissen. Später wird der über den Namen aufgeklärte Kyklop ihm hinterherbrüllen:
»Doch erwartet‘ ich stets, ein großer und staatlicher Kernmann
Sollte daher einst kommen, mit Kraft und Stärke gerüstet;
Und nun hat so ein Ding, so ein elender Wicht, so ein Weichling,
[…] mich bewältigt!«
Der Ausgang aus der lähmenden Krise kann beginnen, als nicht mehr alle Augen auf Odysseus, sondern auf Niemanden gerichtet sind, als niemand auf ihn wartet und niemand etwas von ihm erwartet. Er macht sich zum Niemand, um wieder handlungsfähig zu werden und eine andere Zukunft zu haben als den sicheren Tod. Das mythische Wort ist mehr als nur ein logischer Sprachwitz im Epos: Wenn der Riese sagt, er würde Niemanden verzehren, ist sein Wort gleichbedeutend mit der Handlung, niemanden zu verzehren. Im Mythos muss der Riese zu seinem Wort stehen, weil es keine logische Diskrepanz zwischen Aussage und Wirklichkeit geben kann. Das Spektakuläre ist, dass Homer Odysseus diese Magie des Wortes als ganz und gar rationales Instrument einer strategischen Vernunft nutzen lässt: Odysseus spricht nicht einfach nur nicht die Wahrheit. Er bringt im Krisenmodus auf spontane und selbstbewusste Weise eine neue Wahrheit hervor. Hinter dem vermeintlichen Sprachtrick erscheint die eigentliche Heldentat, die plötzlich gar nicht mehr so weit von meinem Couch-Versuch entfernt ist: Odysseus versucht, ein Wissen darüber zu generieren, das ihn aus seiner Ohnmacht befreit und zuversichtlich macht; ein Wissen, das ihn dazu befähigt, sich selbst etwas zuzutrauen. So wird eine frühste europäische Erzählung vom Selbstvertrauen möglich:
»Schnell nun steckt ich den Pfahl in den glimmenden Haufen der Asche,
Dass er Feuer mir fing, und redete meinen Genossen
Herzhaft zu, dass keiner zurück mir führe vor Zagheit. […]
Trug ich ihn schnell aus dem Feuer hinan, und die Meinigen ringsum
Stellten sich; aber mit Mut beseelt‘ uns kräftig ein Dämon,
Jene, zugleich aufhebend den abgespitzeten Ölbrand,
Stießen ins Aug‘ ihm hinab; und ich, in die Höhe gerichtet,
Drehete.«
Das Selbstvertrauen beseelt Odysseus als dämonische Eingebung, als Intuition, die ihm im günstigen Augenblick ein anderes Schicksal zuteilt als den ihm gerade noch sicher erwartenden Tod: eine Eingebung, die den Ausgang aus der Mutlosigkeit angesichts unbändiger, unbeeinflussbarer Kräfte und den Übergang zum Mut hervorbringt. Der daimon ist eine Macht, die auf außerordentliche, wundersame, eben irrationale und unberechenbare Weise auf sein Handeln einwirkt. Die Nähe zu daiesthai deutet auf die Zuteilung eines neuen Sinnhorizonts, der eben noch nicht da war und sich beginnt, in Form einer sinnlichen Evidenz durchzusetzen, bevor er auf die rationale und kritische Reflexion treffen und als zukünftige Wahrheit festgestellt werden muss. Und dieses empfundene Selbstvertrauen ist eine Einsicht, die nicht allein Odysseus gehört. Sein Selbstvertrauen entsteht als solidarische Praxis, es ist nur gemeinsam wirksam, als Funke, der unter den Leidensgenossen überspringt. Memo an mich: Morgen die Leute aus dem Forschungskolleg anrufen, ich bin sicher nicht der Einzige in solchen Schreibkrisen.
Odysseus entgeht einer Verfolgung, weil niemand verfolgt werden kann und soll. Auch nicht mit Hilfe der anderen heraneilenden Kyklopen, die sich um Polyphem sorgen:
»Ob dir die Herden vielleicht der Sterblichen einer hinwegraubt,
Oder dich selbst auch tötet, durch Arglist, oder gewaltsam?«
»Niemand tötet mich, Freunde, durch Arglist; keiner gewaltsam!«
Damit endet die für die Befreiung nötige Suspendierung von lähmenden Wahrheiten und unausweichlichen Schicksalen. Odysseus hatte nicht mit dem Selbstvertrauen die Krise überstanden, sondern es in der Krise gefunden. Er hatte es gefunden, um sein Schicksal in die Hand zu nehmen, es für einen kritischen Moment lang unsicher und gestaltbar zu machen und in Unsicherheit und Unwissen eine neue Wahrheit über die Zukunft zu schöpfen. Am nächsten Tag, als »die dämmernde Eos mit Rosenfingern emporstieg« und Odysseus wieder an meinen Schreibtisch, äh, seinen Schiffsposten zurückkehrt, ist die Krise bereits nur noch ein schwermütiges Erbe der letzten Nacht. Ein Erbe, das nachhallt und so den Wert des neuen Frohsinns, Tatendrangs und der Erleichterung bestimmt, der Todesgefahr noch einmal entkommen zu sein. Auch meine Irrfahrt kann weitergehen.
3 | Selbstvertrauen als intuitives Werden
Am Ende sind es drei Dinge, die die Unruhe in meinem Selbstvertrauen noch in seiner Krise besänftigen. Mich beruhigt, dass auch das heldenhafte Selbstvertrauen die ganze Zeit mit Furcht und Angst und auch mit Zweifel am Erfolg vereinbar bleibt:
»Graunvoll brüllt‘ er Geheul laut auf, dass der Felsen umher scholl:
Und wir, bebend vor Angst, entflüchteten.«
Mich beruhigt ebenso, dass sich am Ende das Selbstvertrauen von seinen Bedingungen der List, Lüge und Dummheit emanzipieren muss. Odysseus muss seinen Namen wieder annehmen und all die Urteile und Erwartungen gegenüber seinen Taten und Leistungen anerkennen, um zu sich selbst zu stehen. Nur so wird das vage Selbstvertrauen zum selbstbewussten Zutrauen und zur Zuversicht in eine selbstbestimmte Zukunft: in unseren beiden Fällen die erfolgreiche Heimkehr durch eigenes Können, durch eigene Macht und in eigener Verantwortung. Auch derart klar haftet noch ein irrationaler Überschuss am Selbstvertrauen. Nun allerdings in anderer Form, als Hochmut und als Verweigerung, den überaus vernünftigen Ratschlägen seiner Freunde zu folgen. Jap, darf auch mal sein. Aus Niemandes‘ Mut wird Odysseus‘ Eifer. Aber weil er zum Selbstvertrauen eines Helden gehört, bindet sich die Empfindung nun einzig an den rationalen Zweck der Aufklärung seiner selbst und seiner Umwelt. Das Selbstvertrauen ist etwas, das Odysseus frech und eigensinnig zum Selbstverwalter seines Wissens und seiner Wahrheiten macht. Es wird eine Modalität, wie er sich zu dem verhält, was er weiß und welche Wahrheiten er Anderen gegenüber wann und in welcher Weise aussprechen will:
»Als nun doppelt so weit fortschiffend ins Meer wir gekommen,
Jetzto rief ich von neuem dem Wüterich. Aber die Freunde
Hemmten mich, andere anderswoher, mit freundlichen Worten:
›Unglückseliger, strebst du den grausamen Mann zu erbittern,
Der nur eben ins Meer hinwarf sein Geschoss […].‹
Also die Freund‘, umsonst das erhabene Herz mir beredend;
Dennoch rief ich von neuem ihn zu mit ereiferter Seele:
›Höre, Kyklop, wofern dich ein sterblicher Erdebewohner
Jemals fragt um des Auges erbarmungswürdige Blendung;
Sag ihm: Der Städteverwüster Odysseus hat mich geblendet,
Er des Laertes Sohn, wohnhaft in Ithakas Eiland!‹«
Am allermeisten beruhigt mich der Gedanke, dass Selbstvertrauen kein Zustand und keine Fähigkeit ist, die man entweder hat oder nicht hat, die einem zufällt oder nicht zufällt, um ein Ziel zu erreichen. Selbstvertrauen ist nie ein reiner Zu-Fall, sondern etwas, das ich gemessen an der Situation auf je unterschiedliche Weise hervorbringen kann, um mich selbstermutigend zu dem verhalten zu können, was ich kann und weiß und was ich eben nicht wissen und tun kann. Anstatt es anderen zu neiden, versuche ich es lieber als einen Prozess in den Gang zu bekommen, den ich gemeinsam mit anderen und allerhand Motiven und Momenten seiner Möglichkeiten gestalten kann. Von der Bescheidenheit, niemand zu sein und der Hybris, jemand anderes, neues zu werden; von dem Vermögen, sich von Urteilen und Erwartungen und Druck nicht überwältigen und lähmen zu lassen; bis hin zum Mut und Eifer, die Ungewissheit seiner Zukunft aushalten und trotzdem in ihre gute Erfüllung zu vertrauen und diese Zukunftsvision auch unter Sorge und Zweifel zu behaupten: In diesem organischen und lebendigen Prozess bildet sich Selbstvertrauen sowohl aus sinnlichen Empfindungen wie klugen Abwägungen. Es ist also vorstellbar als intuitiver Übergang zwischen dem, was wir fühlen und denken; damit aber auch zwischen irrationaler Unmündigkeit und reflektierter Aufklärung, insbesondere die Aufklärung der Beziehung seiner selbst zu sich und den eigenen Möglichkeiten, die Umwelt zu verändern und mit eigenem Beitrag zu bereichern. Und so schwappt von gestern Nacht noch ein bisschen Kitsch aus dem Heldenfilm und von Odysseus‘ Selbstvertrauen herüber: Habe Mut, Dich beim Schreiben dieser Intuitionen zu bedienen!