Über das Kolleg
Kooperationspartnerschaft Katholischer Hochschulen in Bayern
Die Hochschule für Philosophie München (HFPH), die Katholische Stiftungshochschule München (KSH) und die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) haben eine Kooperationspartnerschaft vereinbart, um zukünftig in Forschung und Lehre gemeinsam gesellschaftliche Fragestellungen wissenschaftlich aufzugreifen und zu bearbeiten. Die Hochschulen bündeln damit ihre Expertise in Themenbereichen wie „Globalisierung“, „Digitalisierung“, „Kulturelle Bildung“ oder „Soziale, ökologische Transformation in der Gesellschaft“. Projekte aus der Zusammenarbeit sind ein kooperatives Promotionskolleg „Ethik, Bildung und Kultur für das 21. Jahrhundert“ (2018 bis 2021), die Gründung eines „Zentrums für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft“ sowie das interdisziplinäre, kooperative Promotionskolleg „Zeichen der Zeit lesen“ (ab 2022).
Zeichen der Zeit lesen
Das aktuelle Promotionskolleg startete im Januar 2022.
Ethik, Kultur & Bildung für das 21. Jahrhundert
Das kooperative Promotionskolleg hat von 2018 bis 2021 stattgefunden.
Stimmen zum Kolleg
Leitperspektiven kirchlicher Hochschulen
Moderne Gesellschaften werden immer unübersichtlicher und in vielen Bereichen stoßen wir unübersehbar an Systemgrenzen. Sozialer Wandel, fortschreitende globale Verflechtungen und technologische Innovationen, wie z.B. die Digitalisierung, bieten Chancen für effizientere Arbeitsteilung, die Begegnung von Menschen und mehr Lebensqualität. Diese Entwicklungen stellen uns zugleich aber auch vor ganz neue Herausforderungen, weil sie mit sozialen Ungleichgewichten, massiven Umweltproblemen und vielschichtigen Konflikten einhergehen, die globaler Natur sind, wie die aktuelle Flüchtlingskrise deutlich zeigt. Mit den steigenden technologischen Möglichkeiten stellt sich gleichzeitig die Frage, wie die damit verbundene Macht verantwortlich ausgeübt, verteilt und kontrolliert werden kann.
Mit der komplexen Gemengelage steigt die Gefahr von Verunsicherung und Polarisierung. Oberflächliche Antworten und eine rein zweckorientierte Perspektive, welche die Fragen von Identität, Kultur und Verantwortung außer Acht lassen, greifen offensichtlich zu kurz. Vor diesem Hintergrund kommt einer akademischen Bildung eine zentrale Bedeutung zu, die ein Verständnis für die tieferen Ursachen und Zusammenhänge dieser Entwicklung vermittelt und Menschen dazu befähigt, sich ein kritisches Urteil zu bilden. Nur Persönlichkeiten, welche die Fähigkeit und den Mut haben, selbstständig zu denken, können sich und anderen Orientierung geben und damit erfolgreich Verantwortung übernehmen.
Akademische Bildung ist immer mehr als Berufsausbildung und muss daher auch die Persönlichkeitsentwicklung im Blick haben. Diese spezifische Perspektive und Ausrichtung liegt im Interesse der Kirche und entspricht dem in der Apostolischen Konstitution Ex Corde Ecclesiae von Johannes Paul II. 1990 beschriebenen Charakter und Auftrag katholischer Universitäten. Indem die drei Hochschulen die drängenden Fragen unserer Zeit in Lehre und Forschung aufgreifen, leisten sie einen wichtigen Dienst für eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft und einen Beitrag zur Lösung der gegenwärtigen globalen Herausforderungen. Sie bringen dabei ihre jeweils spezifische Expertise ein, die durch die hochschulübergreifende Zusammenarbeit gebündelt und erweitert werden kann. Das Potenzial an Synergien, das auf diese Weise genutzt werden kann, wird ein erheblicher Mehrwert für die kirchliche Hochschullandschaft und kann gleichzeitig einen wichtigen Katalysator für eine sich ergänzende und aufeinander abgestimmte Profilierung und Entwicklung jeder der drei einzelnen Hochschulen darstellen.
Drei-Stufen-Modell der Kooperation
1. Ausbau vorhandener Zusammenarbeit:
Eine erste und unmittelbare Form sind die Kooperationen, die hochschulübergreifend zwischen einzelnen Kolleginnen und Kollegen vor allem in der Forschung bereits existieren und weiter ausgebaut werden sollten.
2. Institutionelle Zusammenarbeit durch gemeinsame themenbezogene Einrichtungen:
Um das volle Potenzial der Zusammenarbeit in Lehre und Studium, Forschung und Entwicklung sowie Fort- und Weiterbildung bei vorhandenen Kooperationsverbünden nutzen zu können, ist es sinnvoll, diese als zweite Stufe der Zusammenarbeit institutionell abzusichern, etwa durch die Errichtung hochschulübergreifender Einrichtungen. Diese institutionalisierte Form der Zusammenarbeit ermöglicht die Planungssicherheit, die für einen nachhaltigen Aufbau gemeinsamer Forschungsaktivitäten oder von Studienformaten wie auf für das Einwerben von Drittmitteln unerlässlich ist. Auf diese Weise können Strukturen geschaffen werden, die eine nachhaltige Zusammenarbeit zu bestimmten Themen, vor allem in der Forschung, ermöglichen.
3. Förderung spezifischer zusätzlicher Kooperationsstrukturen:
Als dritte Schicht ist schließlich die Möglichkeit der Förderung spezifischer zusätzlicher Kooperationsstrukturen vorzusehen – vor allem mit dem Ziel, neben der Forschung auch gemeinsam neue Formate in Studium und Lehre in Themenfeldern zu etablieren, für die bisher keine hochschulübergreifenden Formen der Kooperation existieren.
Die Kooperationspartner
Ausschreibung für das interdisziplinäre, kooperative Promotionskolleg Zeichen der Zeit lesen
Disruptionen – Transformationen – Evolutionen
Das von der Katholischen Stiftungshochschule München, der Hochschule für Philosophie München und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt im Rahmen der Kooperationspartnerschaft Katholischer Hochschulen in Bayern getragene und betreute Promotionskolleg vergibt bis zu zehn Plätze zur Promotion.
Die ideelle und finanzielle Förderung erfolgt durch die Hanns-Seidel-Stiftung. Die Stipendien werden aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert, die den dreizehn bundesweit arbeitenden Begabtenförderwerken zur Unterstützung begabter und gesellschaftlich engagierter Doktoranden zur Verfügung gestellt werden.
Skizzen für Promotionsprojekte können zu folgenden Themenfeldern eingereicht werden:
Die Zeichen der Zeit lesen
Wer wollte, wer könnte es leugnen: Wir leben inmitten einschneidender sozialer und ökologischer Transformationen. Es gilt, Verantwortung für diese dringlichen Transformationsprozesse wie Digitalisierung, Inklusion, Nachhaltigkeit und daraus resultierende gesellschaftliche, immer mehr heißt dies heute auch, weltgesellschaftliche Aufgaben zu übernehmen.
Klimakrise, disruptive Schübe, hybride Ausdrucks- und Gestaltungsformen, exponentielles Wachstum subjektiv überfordernder Komplexität? Welche Sehnsüchte bedienen und heizen rechtspopulistische Bewegungen und Parteien an? Warum der Siegeszug der religiösen Fundamentalismen (und der Esoterismen)? Gibt es ein Wahrheitsmoment der gegenwärtigen populär-populistische Rationalitäts- und Wissenschaftskritik? Warum gerade jetzt, 80 Jahre nach der „Dialektik der Aufklärung“ – ist dies alles nur eine Folge der neuen digitalen Kommunikationsformen („Social Media“) – und sonst gar nichts?
Wie kann in Zeiten des Katastrophismus und grassierender Disruptionsängste der, hier einmal nicht missbräuchlich verwendet, widerständige Mut zur Transformation gestärkt werden? Welche Kriterien? Welche Metamorphose – aus welchem Geist? Das „Haus wissenschaftlicher Forschung“, akademischen Lernens und Lehrens, ist, weniger denn je, als Elfenbeinturm tauglich und muss sich daher diesen gesellschaftlichen Herausforderungen mithilfe wissenschaftlicher Instrumentarien und Handlungsformen annehmen und stellen. Zeichen der Zeit lesen meint die Gegenwart verstehen zu können und in die Zukunft zu denken mit einer handlungsorientierten wissenschaftlichen Haltung, einem Agieren statt (nur) Reagieren. Dazu braucht es die Förderung der Dialogbereitschaft, den Blick über den Tellerrand des eigenen Fachs hinaus, Demokratiefähigkeit, kritisches Denken und nicht zuletzt Kreativität.
Disruptionen
Disruption erwächst zunächst aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Diskurs, und wird vielfach mit digitaler Transformation und ihrer Vielfalt der Möglichkeiten als innovative Kraft in Verbindung gebracht. Disruptionen sorgen für großflächige Umstrukturierungen in Produktion und Handel. Disruptionen machen sich vor allem dann bemerkbar, wenn Momente der Innovation innerhalb eines Systems auf tradierte Formen des Denkens und Handelns stoßen und diese in Frage stellen. Dies alles geschieht im Rahmen von hoch dynamischen Prozessen, die Gefahr laufen, mit
klassischen Formen des Denkens und Handelns zu kollidieren, weil diese mit der geforderten Taktung nicht mithalten oder am Ende auch dazu beitragen können, das gesamte System selbst zu disruptieren. Solche Prozesse können heute aber nicht nur in den Feldern der Technologie und Wirtschaft beobachtet werden, aktuell haben sie viele andere gesellschaftliche Teilbereiche wie Kunst und Kultur, Bildungs- und Gesundheitswesen oder unterschiedliche Glaubenssysteme und nicht zuletzt die Politik erreicht. Hier stellt sich nun die Frage, wie und inwieweit diese Bereiche in die Lage versetzt werden können, aktuellen Disruptionen auf der Basis zeitgemäßer und zukunftsweisender Denk- und Handlungsformen begegnen zu können.
Wissenschaft als Ressource nicht-katastrophischer Evolutionen und Transformationen
Es gilt, Geistes‑, Gesundheits‑, Kultur- und Sozialwissenschaften als gesellschaftliche Ressourcen, Anregerinnen und Treiberinnen nicht-katastrophischer, sondern evolutiver Transformationsprozesse zu entdecken, wissenschaftspolitisch nach vorne zu bringen und, möglichst befreit von partikularen Interessen, gesellschaftlich zu nutzen. Ihre Fähigkeit, „die Zeichen der Zeit zu lesen“, d.h. diese vorurteils- und angstfrei wahrzunehmen und zukunfts-weisend zu deuten, ist dabei von zentraler Bedeutung. Das Promotionskolleg strebt an, diese Ressourcen zu bündeln und zu schärfen – unter Wertschätzung der Differenzen und Diversitäten, der wissenschaftlichen Schwerpunkte und Spannweiten.
Mehr als „nur“ promovieren…
Die Ausschreibung richtet sich vorzugsweise an Absolventinnen und Absolventen geistes‑, kultur‑, bildungs‑, gesundheits- und sozialwissenschaftlicher Studiengänge. Ausdrücklich sind auch Absolventinnen und Absolventen von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften zur Bewerbung eingeladen. Im Rahmen einer Aufnahme umfasst das Programm auch Veranstaltungen zur wissenschaftlichen Karriere sowie Angebote zur Profilbildung in Verantwortung der federführenden Hochschule im Rahmen des Bund-Länder-Programms „FH-Personal“. Die Betreuung erfolgt im Tandem zweier Professorinnen/Professoren der kooperierenden Hochschulen. Das Promotionskolleg arbeitet auf Deutsch, die Dissertation kann auch in englischer Sprache eingereicht werden.
Die Bewerbungsfrist endete am 26. August 2022.